Alternative Investments (AIs) – also Anlageformen jenseits klassischer Aktien, Anleihen und Geldmarktinstrumente – erleben derzeit einen spürbaren Aufschwung. Drei Kräfte wirken zusammen: Erstens wächst das Bedürfnis nach breiterer Diversifikation, um Portfolios robuster gegen Marktschwankungen zu machen. Zweitens steigt der langfristige Kapitalbedarf realwirtschaftlicher Projekte – von Energie- und Netzinfrastruktur bis hin zu digitalen Grundversorgungen. Drittens sorgt ein modernisierter Regulierungsrahmen dafür, dass diese Anlageformen strukturierter, transparenter und damit für neue Investorengruppen zugänglich werden. Besonders dynamisch zeigt sich die Integration solcher Bausteine in fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, wo ihr langfristiger Charakter zur Vorsorge-Logik passt.
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Alternative Investments – Begriff und Charakter
Unter dem Sammelbegriff „Alternative Investments“ finden sich sehr unterschiedliche Anlageformen: Private Equity, Private Debt, Immobilien, Infrastruktur und Erneuerbare Energien, teils auch Hedgefonds, Rohstoffe oder Venture Capital. Trotz aller Vielfalt teilen viele dieser Anlagen prägende Eigenschaften: Sie sind typischerweise illiquide, mit längeren Bindungsfristen und seltener Preisfeststellung; Bewertungen erfolgen häufig periodisch (z. B. quartalsweise). Weil ihre Ertragsquellen oft anders gelagert sind als bei börsennotierten Titeln – etwa Nutzungsentgelte, Mieten, regulierte Gebühren oder Wertsteigerungen durch aktives Management – korrelieren sie tendenziell schwächer mit den traditionellen Märkten. Das macht sie als Diversifikationsbaustein attraktiv und kann die Schwankungen im Gesamtportfolio dämpfen.
Kategorisierung – das Spektrum im Überblick
- Private Equity: Eigenkapital für nicht-börsennotierte Unternehmen
- Private Debt: Unternehmens- oder Projektfinanzierungen außerhalb des Kapitalmarkts
- Immobilien: Direkt- oder über Fondsinvestments mit dem Fokus auf Erzielung laufender Erträge oder potenziellen Wertsteigerungen.
- Infrastruktur: Beteiligungen an Versorgungsstrukturen wie Energie- und Wassernetzen, Verkehrswegen, Schienen- und Straßenverbindungen sowie Telekommunikationsnetzen
- Erneuerbare Energien: Projekte im Bereich Solar- und Windkraft, aber auch Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft und Meeresenergie
Zugang – AIFs und der Schub durch ELTIF 2.0
Der Zugang zu diesen Anlageklassen erfolgt überwiegend über Alternative Investmentfonds (AIFs). Einen spürbaren Schub hat hier die Reform ELTIF 2.0 (inkl. seit 10/2024 geltender RTS) gebracht, flankiert von seit Oktober 2024 geltenden technischen Standards (RTS). Sie konkretisieren Regeln für Liquiditätsmanagement, Bewertung, Rückgaben und Transparenz, senken Einstiegshürden und machen die Produkte für Privatkunden im Rahmen regulierter Strukturen zugänglich. Neu ist zudem die Öffnung für semi-liquide („Evergreen“) ELTIFs mit periodischen Rückgabefenstern, flankiert von Mindesthaltefristen und Limits.
Marktüberblick – wer schon liefert
Deutsche Versicherer gelten als Vorreiter bei Investitionen in Alternative Investments: Seit vielen Jahren bauen sie entsprechende Kapitalanlagen im Sicherungsvermögen auf und verfügen über gewachsene Expertise in diesem Segment. Parallel hat die Branche produktseitig nachgelegt: Lösungen sind bei die Bayerische, Allianz, Generali, Swiss Life und Württembergische verfügbar. Die Produkte unterscheiden sich jedoch deutlich in Struktur und Strategie und sind kaum direkt vergleichbar – für viele Zielgruppen existieren passende Ausprägungen.
Besonderheiten
Die Heterogenität ist groß – vom ELTIF-basierten Zugang bis hin zu internen Private-Markets-Strategien – weshalb direkte Eins-zu-eins-Vergleiche nur eingeschränkt sinnvoll sind. Positiv ist: Für viele Zielgruppen existieren passende Ausgestaltungen – von ratierlichem Vermögensaufbau bis zur Einmalbeitragslösung für z. B. Wiederanleger. Während einige Konzepte auf Stabilität durch breite Allokationen setzen, suchen andere gezielt zusätzliche Renditequellen in spezialisierten Wachstumsfeldern wie Energiewende oder moderner Infrastruktur. Einen ausführlichen Überblick über die entsprechenden Produkte und deren Kapitalanlage (AIs) finden sich in der IVFP-Studie „Alternative Investments im Aufbruch – Ein umfassender Marktüberblick zu AIFs und ELTIFs im Versicherungsmantel“.
Auf was ist zu achten?
- Management-Expertise: Da zu vielen Investments kaum bis keine Informationen vorliegen und daher eine Bewertung sehr schwierig ist, rückt die Expertise der Manager:innen in den Vordergrund
- Kostentransparenz: Neben den Kosten des Versicherungsmantels müssen vor allem die Kosten der Kapitalanlage klar ausgewiesen werden. Im Vergleich zu einem ETF beispielsweise ist der Kostenanteil am Gesamtkonstrukt der Kapitalanlage deutlich höher, so dass für eine Beurteilung sämtliche Kosten (Zielfonds, Dachfonds, performanceabhängige Vergütung usw.) berücksichtigt werden sollten. Die zum Teil mehrschichtigen Kostenstrukturen begünstigen „versteckte Kosten“
- Anlagedetails: Zur Kapitalanlage sollten Mindestinformationen vorliegen. Dazu zählen u. a. eine aussagekräftige Portfolioaufteilung (z. B. nach Sektoren und Regionen) sowie der Investitionsgrad in Alternative Investments. Ein hoher Liquiditätspuffer oder niedrige Investitionsquoten in chancenorientierte, illiquide Anlagen mindern das Renditepotenzial (Opportunitätskosten). Angaben zur historischen Wertentwicklung sind meist mit Vorsicht zu interpretieren, da es sich häufig um junge Anlagevehikel handelt
- Liquiditätsmanagement: Alternative Investments schränken die Flexibilität mehr oder weniger ein. Wie die Einschränkungen genau aussehen muss jedoch klar benannt werden. Wer stellt die Liquidität sicher—der AIF / ELTIF selbst oder der Versicherer? Gibt es Rückgabebeschränkungen, und wenn ja, in welcher Form? Können nur bestimmte Teile zurückgenommen werden oder muss mit zeitlichen Verzögerungen gerechnet werden? Fallen direkte Kosten für die Übernahme des Liquiditätsrisikos an, und falls ja, in welcher Höhe?
Alternative Investments im Versicherungsmantel können eine sinnvolle Ergänzung für die (Alters-) Vorsorge sein. Die langfristige Expertise der Versicherungsbranche in Deutschland in diesem Anlagesegment kommt dabei den Kund:innen zu Gute. Auch wenn die Auswahl noch beschränkt ist, finden sich für eine breite Zielgruppe unterschiedliche Policen am Markt um ihre Portfolioallokation zu optimieren. Eine Beimischung von Alternativen Investments in die individuelle Vorsorgestrategie kann das Rendite-Risiko-Profil positiv beeinflussen, indem es die Erträge stabilisiert und die Schwankungen reduziert. Dabei gilt der bekannte Finanzratschlag (frei nach Harry M. Markowitz): „Lege nicht alle Eier in einen Korb.“
Ausblick
Der Markt steht erst am Anfang einer breiten Durchdringung. Es ist zu erwarten, dass weitere Anbieter nachziehen – insbesondere im Bereich fondsgebundener Renten- und Lebensversicherungen. Mit wachsender Erfahrung, größerem Anlagevolumen und standardisierten Prozessen dürften die Lösungen kosteneffizienter und damit preislich attraktiver werden. Gelingt zugleich ein verlässliches Liquiditätsmanagement und die Befähigung des Vertriebs für diese noch „neue“ Anlageklasse, hat sie das Potenzial, sich als fester Baustein moderner Altersvorsorge zu etablieren.
