Wie gelingt Altersvorsorge in Zeiten politischer Unsicherheit und volatiler Märkte? Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch das digitale Altersvorsorgeforum 2025 des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) und der Ampega Investment GmbH. Unter dem Motto „Altersvorsorge 360°: Von Markttrends bis hin zu aktuellen politischen Entscheidungen“ versammelte das Forum Expert:innen aus Wissenschaft und Versicherungswirtschaft. In den vier Kapiteln wurde deutlich: Altersvorsorge braucht politischen Mut, kapitalmarktfähige Produkte – und eine Kommunikation, die beim Menschen ankommt. Dabei geht es nicht um „kosmetische“ Reformen, sondern um eine substanzielle Neuausrichtung im Sinne von Durchblick, Verlässlichkeit und Wirksamkeit.

Aktuelles aus den Kapitalmärkten

Zum Auftakt beleuchteten Dr. Lucas Kramer (Ampega), David Krahnenfeld (Ampega) und Prof. Michael Hauer (IVFP) die Kapitalmarktlage mit Fokus auf die Inflation und geopolitische Unsicherheiten. Dr. Kramer analysierte insbesondere die Situation in den USA, wo sich das erwartete Wirtschaftswachstum auf nur noch 1,5 % abschwächt und die Inflation wieder in Richtung 4 % steigt. Diese Entwicklung begrenzt den geldpolitischen Spielraum der US-Notenbank und mache deutlich, dass mit einer Rückkehr zu Niedrigzinsen wie nach der COVID-Krise nicht zu rechnen sei.

Die Referenten betonten, dass klassische Garantieprodukte unter Druck geraten und künftig aktiveres Risikomanagement erforderlich ist. Für Anbieter bedeutet das: Portfoliostrategien überdenken, Vertriebspartner qualifizieren sowie die Kundenerwartung neu kalibrieren.

Auch handelspolitisch zeichnete Kramer ein skeptisches Bild: Die verschärfte US-Zollpolitik gegenüber China sorge für strukturelle Unsicherheit und eine Investitionszurückhaltung, die an wirtschaftspolitische Muster des 19. Jahrhunderts erinnere. Die jüngste Euphorie an den Börsen sei daher weniger Ausdruck einer nachhaltigen Trendwende als vielmehr eine Pause inmitten ungelöster Strukturprobleme.

Europa schneide im aktuellen Vergleich zwar besser ab, so Dr. Lucas Kramer, doch sei dies weniger Ausdruck eigener Stärke als vielmehr Spiegelbild der Schwäche auf der anderen Seite des Atlantiks. Für Anleger:innen bedeute dies: Wer langfristig investiert, darf Schwankungen gelassen begegnen – auch weil auf der Rentenseite aktuell wenig Potenzial zu erwarten sei. In der Eurozone sei mit weiteren Zinssenkungen der EZB zu rechnen, voraussichtlich bis auf etwa 1,5 %.

„Wir sehen eine Kombination aus Inflationsdruck und geringem Wachstum – das zwingt sowohl Investoren als auch Notenbanken in ein neues Gleichgewicht“, so Dr. Kramer.

Politische Weichenstellungen in der Altersvorsorge

Im zweiten Forumsteil stand die politische Dimension der Altersvorsorge im Mittelpunkt. Prof. Michael Hauer stellte zunächst einen konkreten IVFP Reformvorschlag vor, der bereits in Berlin beim Wirtschaftsrat vorgestellt wurde: die Zusammenführung von Riester- und Basisrente zu einem einheitlichen Angebot. Dieses Modell soll unabhängig von Anbietergruppen funktionieren, lebensbegleitend nutzbar sein und flexible Auszahloptionen ermöglichen – etwa durch eine 50/50-Aufteilung zwischen Kapitalauszahlung und Leibrente. Auf verpflichtende Garantien wird bewusst verzichtet, die staatliche Förderung bleibt erhalten. Entscheidend sei dabei, so Hauer, dass zumindest die Hälfte des angesparten Kapitals tatsächlich der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos dient.

Im Anschluss diskutierten Prof. Michael Hauer (IVFP), David Krahnenfeld, Norman Wirth (AfW) und Fabian von Löbbecke (HDI) zentrale Elemente des Koalitionsvertrags. Die geplante Frühstart-Rente – ein staatlich bezuschusstes Depot für Kinder – wurde grundsätzlich begrüßt, allerdings mit großer Skepsis hinsichtlich Umsetzung, Beratung und Wirkung. Auch die im Koalitionsvertrag nur vage angedeutete Neuauflage der Riester-Förderung sowie Maßnahmen zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung blieben aus Sicht der Diskutanten teils unkonkret und schwer operationalisierbar.

Ein weiterer Schwerpunkt war die gesetzliche Rentenversicherung. Diskussionsschwerpunkt war die Einbeziehung von neuen Selbstständigen, welche als realistisch bewertet wurde. Eine Öffnung für Beamte dagegen wird als symbolisch und wenig zielführend betrachtet. Norman Wirth warnte davor, Debatten zu führen, die nicht im Koalitionsvertrag verankert seien, während Krahnenfeld betonte, dass sich eine zukunftsfähige Altersvorsorge nur mit einer starken privaten und betrieblichen Säule realisieren lasse.

Das gemeinsame Fazit der Diskutanten: Die gesetzliche Rente funktioniert – aber sie reicht künftig nicht mehr aus. Es braucht zusätzlich privat und betrieblich organisierte Lösungen.

Fondspolicen – flexibel, rentabel, zukunftsfähig

Im dritten Forumsteil diskutierten Prof. Michael Hauer, David Krahnenfeld und Carsten Kock (HDI), warum die Fondspolice auch im aktuellen Marktumfeld eine zentrale Rolle in der Altersvorsorge spielt – vorausgesetzt, sie wird strategisch richtig eingesetzt.

Prof. Hauer eröffnete die Runde mit einem Plädoyer für die Vielseitigkeit der Fondspolice. Modelle mit langer Aufschubdauer, flexiblen Auszahlvarianten, Entnahmemöglichkeiten und steuerlichen Vorteilen böten nicht nur Planungssicherheit, sondern auch hohe Individualisierbarkeit – etwa bei Vermögensübertragungen oder dem altersgerechten Kapitalzugriff. „Solche Lösungen gibt es nur im Versicherungsmantel – und das ganz ohne Notar“, so Hauer.

David Krahnenfeld wandte sich gegen das oft aufgemachte Entweder-Oder zwischen Depot und Police: „Ich nutze beides – und auch in der Beratung ist die Fondspolice als ergänzende Strategie extrem wertvoll, vor allem wegen steuerlicher Effekte und der Möglichkeit zur Integration biometrischer Risiken wie BU-Schutz.“

Einigkeit herrschte auch darüber, dass klassische Garantien – insbesondere in der privaten Vorsorge – heute eher ein Renditekiller als ein Kundenvorteil seien. In der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bleibe die Diskussion über Garantien zwar relevant, in Schicht 3 sei sie weitgehend obsolet.

IVFP-Daten bestätigen diese Entwicklung: Laut Prof. Hauer belegen Fondspolicen ohne Garantien bei unabhängigen Vermittler:innen aktuell Platz 1 der empfohlenen Altersvorsorgelösungen.

Was Nachhaltigkeitsratings über Fondsgesellschaften verraten

Im vierten und letzten Themenblock des AV-Forums 2025 mit dem Titel Was Nachhaltigkeitsratings über Fondsgesellschaften verraten“ beleuchteten Dr. Andreas Kick (IVFP) und David Krahnenfeld (Ampega) die aktuelle Lage und künftige Entwicklung nachhaltiger Kapitalanlagen sowie die Aussagekraft entsprechender Ratings.

Nachhaltigkeit in der Finanzbranche befindet sich im Wandel: Während ESG in der Vergangenheit als Marketing-Trend gefeiert wurde, ist nun eine Phase der Konsolidierung und Professionalisierung eingetreten. Die Bedeutung des Themas bleibt jedoch hoch, insbesondere mit Blick auf regulatorische Anforderungen und gesellschaftliche Verantwortung.

Dr. Kick betonte, dass das IVFP-Nachhaltigkeitsrating bewusst zukunftsorientiert gestaltet ist. Der Fokus liegt nicht allein auf vergangenen Kennzahlen, sondern stark auf Strategie, Prozessen und der Einbettung des Themas Nachhaltigkeit auf Management-Ebene. Besonders wichtig sei die Frage, wie tief das Thema im Unternehmen verankert ist – ob es nur formal abgehandelt wird oder tatsächlich Teil der DNA sei.

David Krahnenfeld hob hervor, dass nachhaltige Investments keineswegs zulasten der Performance gehen müssen. Am Beispiel des „Terra Sisi Aktienfonds“ zeigte er, dass sich Nachhaltigkeit und Outperformance nicht ausschließen – im Gegenteil: Der Fonds konnte seit seiner Auflage 2009 über 400 % Wertzuwachs verzeichnen. Besonders hervorzuheben sei der Impact-Ansatz, bei dem ein Teil der Verwaltungsvergütung gezielt in soziale Projekte wie z. B. Brunnenbau fließt.

Das Nachhaltigkeitsrating des IVFP sei dabei nicht nur Kontroll-, sondern auch Steuerungsinstrument, so Kick. Die Fragen seien bewusst tiefgehend formuliert, um eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu erzwingen – was auch im Dialog mit Fondsanbietern immer wieder zu Erkenntnisgewinnen führe.

Abschließend wurde deutlich: Nachhaltigkeit ist kein temporäres Modewort, sondern eine dauerhafte Anforderung an Produktqualität, Unternehmenskultur und Kommunikation. Die Finanzbranche habe hier nicht nur Verantwortung – sondern auch viele Chancen.

Vier Themenblöcke – ein gemeinsamer Tenor: Altersvorsorge kann nicht isoliert gedacht werden. Kapitalmarkt, Regulierung, Produkte, Vermittlung und Kommunikation müssen zusammenspielen. Das IVFP lieferte dabei Impulse, Kritik und konkrete Reformideen.

„Wenn wir die richtigen Stellschrauben drehen, können wir Altersvorsorge neu definieren – stabil, chancengerecht und generationenfest“, fasste David Krahnenfeld, Leiter Vertrieb Wholesale & Produktmarketing bei Ampega zusammen.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie unter www.youtube/ivfp

Weitere Informationen gibt es unter www.ivfp.de,  und ivfp.de/rating